This page is not available in English - View in German:
Wir befinden uns in einer sozialen Einrichtung. Es gibt mehrere Teams, die jeweils eigene Räume haben. Alle Teams haben eine gemeinsame Leitung.
Team A hatte in seiner wöchentlichen Teamsitzung sich Gedanken über die Umgestaltung und effizientere Raumnutzung in der Gesamteinrichtung gemacht und „beschlossen“, dass das Bällchen-Bad in einen durch Umstrukturierung frei werdenden Raum umziehen solle. Am darauffolgenden Tag erhielten sie die die Entscheidung der Chefin „Nein, das machen wir nicht.“ Punkt.
Nun kommen alle Teams zu einer zwei-tägigen Teamentwicklung zusammen. Bei der Sammlung zu besprechender Themen formuliert ein Vertreter des Teams A Folgendes: „Wir müssen darüber reden, dass unsere Entscheidungen nicht immer (!) einfach wieder umgeworfen werden. Es soll nicht ständig (!) über unseren Kopf hinweg entschieden werden. Wir werden nicht ernst genommen. Wer entscheidet hier eigentlich was? Die Chefin macht, was sie will. Sie sieht überhaupt nicht, was wirklich wichtig ist.“
Dieses Thema dröseln wir im Sinne des „Pfeils des Handeln“ von Patterson et al (Crucial conversations) auf:
- Was ist wirklich passiert, was sind die Fakten?
- Was in dieser Aussage ist eigene Interpretation? Welches Kopfkino ist entstanden - welche Vermutungen, welche selbst gefundenen Begründungen?
- Zu welchem Gefühl führt diese Interpretation?
- Welcher Handlungsimpuls entsteht aufgrund dieses Gefühls?
All dies sind Vorgänge, die in Sekundenschnelle in unsere Köpfe ablaufen, wenn wir handeln. Oftmals werden wir uns dessen nicht bewusst. Gerade um Konflikte zu klären, ist ein schrittweises Analysieren dieses Pfades meist hilfreich.
Nachdem das Team seinen Pfad des Handelns aufgedröselt hat, kommt die Chefin mit ihrer Realität zu Wort. Die Fakten: Sie hat diesen Vorschlag vom Team bekommen und ihn sich angehört. Sie freut sich, dass sich das Team Gedanken macht. Gleichzeitig sieht sie, dass dieser Lösungsvorschlag andere Probleme nicht löst, dass durch einen Umzug des Bälle-Bades weiterhin andere Teams in ihrer Arbeit gestört werden. So entscheidet sie gegen diesen Vorschlag.
Der Aha-Effekt setzt beim Team bereits ein, als sie realisieren, dass die Chefin einen guten Grund hatte, den Vorschlag abzulehnen. Einen Grund, mit dem sie das Wohl der Teams im Blick hatte. Das Ergebnis: Das Bällchen-Bad bleibt, wo es ist. Die Chefin entschließt sich, dass sie bei weiteren Entscheidungen ihre Entscheidungsgrundlagen deutlicher machen will. Das Team ist einen Schritt weiter auf dem Weg, in die Entscheidungen der Chefin keine bösen Absichten zu interpretieren. Wir wenden uns anderen Themen zu.
Und dann passiert am zweiten Tag etwas, mit dem keiner gerechnet hat - fast zu bilderbuchartig. Während der Kaffeepause erwähnt die Chefin in kleiner Runde, dass aufgrund der Umstrukturierung ein Büro frei wird. Eine Mitarbeiterin zieht die Verknüpfung zur Diskussion vom Vortag: „Das wäre doch was für das Bällchen-Bad.“
Sie bringen gemeinsam das Thema in der Runde ein. Wir als Berater lassen die Gruppe ihre Diskussion selbst gestalten. Von außen betrachtet ein Prozess im Flow. Das gesamte Team wägt den Vorschlag ab, überprüft Bedenken und Alternativen. Das Team wendet an, was es einige Stunden zuvor gelernt hat: Auf den Gedanken des anderen aufbauen, „ja, und“ statt „aber“ zu sagen, konstruktiv nach Lösungen für Bedenken suchen. Und am Ende treffen sie gemeinsam die Entscheidung: Das Bällchen-Bad zieht in das frei werdende Büro. Eine Entscheidung, die alle gutheißen.
Wie ein Bällchen-Bad Kommunikationskultur verändern kann…