Neue OrganisationsformenOnline community

Die Gründung eines Start-Ups in einer großen Organisation

Aufbau einer Online-Lerngemeinschaft

Vor zwei Jahren richtete ein großer multinationaler Konzern einen völlig neuen Service ein, der zum Schutz unseres Klimas beitragen soll. Eine Gruppe von etwa 12 Personen aus der ganzen Welt leistete bei dieser einzigartigen Aufgabe Pionierarbeit (hier finden Sie die ganze Geschichte). Die große Frage war, wie man innerhalb einer größeren Organisation mit Strukturen und Abläufen, die für eine völlig andere Art von Arbeitsprozessen ausgelegt sind eine lernende, weitgehend virtuelle Gemeinschaft aufbauen kann, die Ergebnisse hervorbringt, und in der die Menschen sicher und gesund arbeiten können. All dies in Zeiten schnellen Wachstums.

 

Wir unterstützten die Organisation beim Kickoff und blieben dann einen Tag pro Woche an Bord, um laufend von innen heraus den Suchprozess zu begleiten und mitzuhelfen, den neuen Service aufzubauen.

 

Ansatz

Von Anfang an haben wir uns dafür entschieden, nicht in Form eines Teams, sondern in Form einer Gemeinschaft zu denken. Im Zentrum stand das Kernteam mit zunächst 12, später 20 Personen, die mit etwa 200 Personen aus der größeren Organisation zusammenarbeiteten. Diese Gruppe war für uns die Lerngemeinschaft. Aber wie lernt man mit so vielen Menschen in verschiedenen Zeitzonen? Wie stellt man sicher, dass entscheidendes Wissen schnell dort verfügbar wird, wo es gebraucht wird? Wie holt man Menschen an Bord und bringt sie in einer virtuellen Umgebung auf Touren? 


Da das Team in verschiedenen Zeitzonen arbeitete, hatten wir im Hinblick auf Zusammenarbeit aus der Ferne bereits viel Erfahrung gesammelt, als die Covid-19-Pandemie ausbrach. Dann wurde dieses bereits gelegte Fundament noch wichtiger und stärker als je zuvor.

 

Rückblickend sind dies die Dinge, die besonders gut funktioniert haben:

 

  • Den Purpose in einer "Urknall“geschichte platzieren
    Kurz nachdem wir uns an die Arbeit gemacht hatten, nahmen wir einen Podcast auf, der der Geburtsgeschichte der Initiative gewidmet war. Wir entschieden uns dafür, nicht John (als Manager vielleicht die logische Wahl) die Geschichte erzählen zu lassen, sondern Tim: Mitglied des Gründungsteams. Er erzählte eine schöne, persönliche Geschichte, die nicht nur den Inhalt (warum machen wir das, was ist das Ziel?), sondern auch persönliche Motivationen und kritische Erfahrungen wie erste Misserfolge und Durchbrüche abdeckte. Ein wirksames Mittel, um das Gefühl der "Zugehörigkeit" und "Eigenverantwortung" zu stärken, denn wenn man weiß, wie eine Initiative entstanden ist – also ihren "Urknall" kennt – versteht man nicht nur besser, was sie sein soll, sondern kann auch nachvollziehen, woher bestimmte Arbeitsweisen kommen. Die Geschichte erzeugte Stolz bei allen, die sich ihr anschlossen und lud implizit dazu ein, zu ihrer Fortsetzung beizutragen. Jedes neue Mitglied der Gemeinschaft erhielt den Podcast als Einstiegsgeschenk.

 

  • Podcasts zum Kennenlernen und zur Wissensgenerierung
    Der Podcast mit der „Urknall“geschichte wurde ein großer Erfolg, viele Menschen hörten sich ihn an. Es entstand die Idee, mehr mit diesem Medium zu machen, um sowohl das Gefühl der Verbundenheit zu stärken als auch den Lernprozess anzuregen. Ein Teammitglied mit dem Kindheitstraum, DJ zu werden, griff dies auf und produziert seitdem regelmäßig einen Podcast, in dem jemand aus der Gemeinschaft über eigene Lernerfahrungen und Entdeckungen spricht und neugierige Fragen für die Zukunft stellt. Die Sendung ist angereichert mit einem Lieblingslied oder einem kleinen Interview. Es fühlte sich leicht an, Wissen auf diese Weise weiterzugeben und Einsichten weltweit teilen zu können.

 

  • Die ganztägige Espressobar in MS-Teams und das Pub-Quiz auf Whatsapp
    In MS-Teams hatten wir eine ganztägige Espressobar neben einer Reihe von großen und kleinen arbeitsorientierten Kanälen eingerichtet. Sie war gut besucht, besonders als die Covid-19-Pandemie ausbrach. Hier wurden Fragen zu Work-Life-Balance ausgetauscht oder einfach nur Witze und Filme geteilt. Das Chat-Format ermöglichte die Teilnahme aller, unabhängig von ihrer Zeitzone. Daneben gewann die bereits bestehende Whatsapp-Gruppe an Bedeutung, auch deshalb, weil es ein informeller Kanal war, an dem die Teilnahme nicht verpflichtend war. Jeder, der am Whatsapp-Pub-Quiz teilnehmen wollte, war willkommen, aber wenn es einem nicht passte, konnte man es auch einfach weglassen.

 

Größere Plattformen der Muttergesellschaft wie Yammer und Sharepoint hatten ebenfalls ihre Funktion, insbesondere für den Austausch und die Speicherung formellerer Informationen.

 

Wirkung

Alles in allem war es etwas Besonderes, zu sehen, wie die verschiedenen Online-Tools jeweils ihre eigene Form und Funktion erhielten und wie sie zu einem eigenen Online-"Ökosystem" der Gemeinschaft wurden. Es gab Raum für Gespräche über Ergebnisse und Ziele, aber auch für den Austausch von Wissen und sozialen Nachrichten. Jeder dieser "Kanäle" konnte jederzeit vergrößert werden, je nachdem, was benötigt wurde. Als Covid-19 aufkam und das Bedürfnis nach Verbundenheit noch größer wurde, war es sehr einfach, einen Lieblingsmusik-Podcast oder ein wöchentliches Hausaufgabenvideo zu erstellen. Später machten diese wieder Platz für inhaltsorientiertere Initiativen.

 

Die Kombination der Interventionen führte dazu, dass die kollektive Intelligenz der Gruppe immer leichter angesprochen werden konnte. Statt sich reflexartig zu fragen, was die Leitung sich wünscht stand nun eher ein "Was wissen wir bereits gemeinsam?". Den Mitgliedern der Gemeinschaft fällt es zunehmend leicht, kluge Lösungen für unerwartete Situationen zu finden. Was enorm dazu beigetragen hat, war die Einbindung von Einzelstimmen aus den unterschiedlichen Ländern. Auch die Verbindung aller Teammitglieder untereinander wurde deutlich stärker und ihre Zusammenarbeit spürbar lebendiger. Faktoren, die in diesen Zeiten wichtiger sind denn je.