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Kann man einem Lernprogramm seine Wirksamkeit ansehen?


Die Frage nach der Wirksamkeit von Lernprogrammen stellt sich wahrscheinlich schon so lange, wie es strukturierte Lernprogramme gibt. Woher weiß man, ob ein Lernprogramm seine Ziele erfüllt? Man kann diese Frage am einfachsten im Nachhinein beantworten, und es gibt zahlreiche durchdachte und hilfreiche Theorie- und Forschungsarbeiten zu dieser Evaluation von Lernprogrammen, z.B. die Unterscheidung in unterschiedliche Niveaus der Evaluation, von der Zufriedenheit der Teilnehmenden bis zum tatsächlichen Erreichen von Organisationszielen durch neues Denken und Handeln der Lernenden.

 

Man kann die Wirksamkeit von Lernprogrammen an ihrer Architektur erkennen

Mich hat immer wieder fasziniert, ob man die Wirksamkeit von Lernprogrammen nicht auch vor ihrer Durchführung bewerten kann, anhand ihres Designs. Kann man nur anhand der „Architektur“ eines Programms, seiner Planung, einschätzen, ob es mehr oder weniger wirksam sein wird? – Ich glaube, man kann, mit Abstrichen.

 

Die Abstriche erst: Ein großer Teil der Wirksamkeit von Lernprogrammen hängt von spezifischen Faktoren ab, die sich erst in der Durchführung manifestieren: Die Qualität der Begleiter*innen, deren Tagesform, die Motivation der Teilnehmer*innen, deren Tagesform zum Beispiel. Ein gutes Lerndesign wird immer auch versuchen, diese Faktoren positiv zu beeinflussen, aber inwieweit das gelingt, lässt sich nicht vorab endgültig feststellen.

 

Diese Abstriche akzeptierend, gibt es aus meiner Sicht eine Reihe von Kriterien, anhand derer man am Design eines Lernprogramms einschätzen kann, wie wahrscheinlich es für die Lernenden wirksam sein wird. Andersherum gesagt: Bestimmte Entscheidungen im Design des Lernprogramms erhöhen die Wahrscheinlichkeit seiner Wirksamkeit, andere schmälern diese Wahrscheinlichkeit.

 

Sechs Kriterien wirksamer Lernarchitekturen

Aus unserer Erfahrung sind diese Kriterien:

  • Integration: Wird das Lernen weitgehend getrennt vom täglichen Arbeitsprozess organisiert, oder weitgehend integriert?
  • Individualisierung: Nimmt das Programm allgemeine Theorien als Basis, oder die individuellen Fälle der Teilnehmenden?
  • Selbstverantwortung: Wie weit ermöglicht das Programm, dass Teilnehmende die Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen und gestalten können?
  • Flow: Bauen die unterschiedlichen Lerninterventionen aufeinander auf und verstärken einander (das Lernprogramm als „Linie“), oder sind es einzelne Momente, die relativ unabhängig voneinander stehen (das Lernprogramm als „Punkte“)?
  • Schönheit: Wie viel Strahlkraft, Ästhetik und Überraschung hat das Programm, die alle die Motivation und Bereitschaft der Teilnehmenden, in das Lernen einzusteigen, erhöhen?
  • Konsistenz: Wie viel interne und externe Konsistenz bietet das Lernprogramm? In anderen Worten: Basieren die unterschiedlichen Elemente des Lernprogramms auf einem erkennbaren Set an Designprinzipien (= interne Konsistenz)? Orientieren sich diese Designprinzipien an dem Kontext und den Zielen, die für das Lernprogramm gelten; unterstützt also die Form den Inhalt (= externe Konsistenz)?

 

Warum ist unsere Erfahrung, dass diese Kriterien hohen Einfluss auf die Wirksamkeit von Lernprogrammen haben? – Das beschreiben wir in den nächsten Kapiteln, Kriterium für Kriterium.

 

Diese Kriterien sind weder ausschließlich, noch formen sie eine exakte Wissenschaft. Aber nach unserer Erfahrung sind sie ein guter Maßstab, um anhand des Designs eines Lernprogramms eine erste Einschätzung über die wahrscheinliche Wirksamkeit vorzunehmen. Oder, andersherum: Wer Lernprogramme entwirft, tut aus unserer Perspektive gut daran, sich obiger Kriterien zu bedienen und das Design an ihnen auszurichten.

 

Dabei ist das alles andere als selbstverständlich. Das klassische Lernprogramm ist immer noch stark auf der Basis altmodischer Schulerfahrungen designt:

  • Es wird von irgendwelchen allgemeingültigen Inhalten her entworfen und strukturiert (was in der Schule die Fächer sind, sind in Lernprogrammen im Arbeitskontext Themen wie „Kommunikation“, „Entscheidungen“, „Konflikte“, etc.);
  • es findet weitestgehend in Seminarräumen (das Klassenzimmer für Erwachsene), also außerhalb des Arbeitskontexts, statt;
  • es schreibt den Lernenden viel vor, anstelle auf Selbstverantwortung zu setzen (so haben viele es ja als Schüler*innen erlebt);
  • und die Kommunikation über und innerhalb des Programms ist vor allem funktional, wenig überraschend und auch nicht unbedingt von hoher Ästhetik geprägt (auch das stimmt mit den Schulerfahrungen vieler Menschen überein).

 

 

„Integration“ gilt als Kriterium nicht immer

Lassen sich diese Kriterien auf jedwedes Lernen anwenden? – Im Prinzip ja. Bis auf das erste Kriterium – Integration – gelten die genannten Kriterien für alle Lerndesigns, unabhängig vom Lernthema, sei es in verschiedenem Maße.

 

Integration ist vor allem wichtig für die Lernthemen, in denen es um die Interaktion zwischen Menschen geht – Führung, Zusammenarbeit, Kommunikation, Umgang mit Kundinnen. Eigentlich all die Themen, in denen es andere gibt, die etwas von neuem Handeln merken werden, und in denen eine Handlungsänderung oder das Lernen selbst potenziell mit sozialer Spannung einhergeht. Für Lernthemen, die einen Schwerpunkt auf kognitivem Verstehen haben, mit wenig möglicher „Peinlichkeit“ behaftet sind, deren Ausführung vor allem individuell stattfindet, eignen sich Klassenzimmer oder E-Learning hervorragend, zum Beispiel für das Erlernen der Bedienung einer neuen Software.

 

Instruktions- und Erfahrungslernen sollte man nicht durcheinanderbringen

Noch eine weitere Unterscheidung ist relevant für die Wirksamkeit eines Lernprogramms: Die zwischen Instruktionslernen und Erfahrungslernen. Diese Unterscheidung ist nicht schwarz-weiß, und sie hat Auswirkungen auf die Rolle der „Trainer“ zwischen „Lehrendem“ (ich weiß etwas, dass ich weiter vermittle) und „Lernbegleiterin“ (ich begleite die Lernenden bei ihrem individuellen Lernprozess). Wie passend diese Unterscheidung gemacht wird, hat große Auswirkungen auf das Lernergebnis.

Instruktionslernen ist eher angesagt, je mehr es um „handwerkliche“ Fragen geht. Wenn es eine gut erforschte beste Art gibt, eine fragliche Aufgabe zu lösen. Die Bedienung einer Maschine, wie man ein gutes Feedbackgespräch führt sind Beispiele für unterschiedliche Themen, die einen großen handwerklichen Teil haben.

 

Erfahrungslernen ist eher angesagt, je mehr es um „künstlerische“ Fragen geht. Wenn es viele unterschiedliche Arten gibt, eine Aufgabe anzugehen, wenn es um die eigene tiefere Einsicht geht, den eigenen Stil. Beispiele: Wie man (eigene) Emotionen im Arbeitskontext produktiv macht, oder wie man seine Talente gut einsetzen kann. Auch knifflige handwerkliche Fragen verlangen zuweilen neben Instruktion nach Übung (= Erfahrung), z.B. wie man ein Auto fährt oder wie man ein Brot nur aus Wasser, Mehl und Salz backt.

 

Als Lernende merkt man sofort, wenn Instruktionslernen und Erfahrungslernen nicht effektiv eingesetzt werden: Man findet sich dann zum Beispiel mit einer Frage konfrontiert, die man gar nicht beantworten kann, für die aber die Lehrerin klar erkennbar die richtige Antwort weiß. Oder man probiert mit etwas herum und fühlt sich einfach nur verloren. Oder man bekommt ganz viele Anweisungen, während man eigentlich vor allem gerade selbst nachdenken oder ausprobieren möchte.

Integration

Wird das Lernen weitgehend getrennt vom täglichen Arbeitsprozess organisiert, oder weitgehend integriert?

 

Die Integration des Lernens in den Arbeitskontext ist aus unserer Sicht das wohl am meisten unterschätzte Entwurfskriterium für Lernen. Scharen von Didaktikerinnen laufen noch dem „Transferproblem“ hinterher, das als unausweichlich gilt: Die Frage, wie man dafür sorgt, dass das (im Seminarraum) Gelernte im Nachhinein auch seine Anwendung in der Arbeitspraxis findet. In dem Moment allerdings, in dem man Arbeiten und Lernen als letztendlich identische Tätigkeiten sieht, in dem man das Lernen so weit wie möglich im alltäglichen sozialen Kontext stattfinden lässt, gibt es keinen Bedarf mehr für „Transfer“ – weil während der Arbeit, mit den Kollegen, die es betrifft, gelernt wird.

 

Gerade für Lernthemen, bei denen eine Anwendung im Arbeitsalltag mit Hürden besetzt ist – eine neue Art, Gespräche zu führen oder Meetings zu leiten, zum Beispiel – sind Lernarchitekturen, die das Lernen stark im täglichen Arbeiten situieren, wirksamer als solche, die das Lernen an andere Orte und Momente auslagern.

 

Wir unterscheiden vier Stufen der Integration einer Lernarchitektur:

  1. (Fast) alle Lerninterventionen finden außerhalb bzw. ohne Einbindung des Arbeitskontexts statt, z.B. in Seminarräumen, oder als E-Learning. Die zukünftige Anwendung der Lerninhalte im Arbeitsalltag spielt für die Durchführung der Lernmaßnahme eine untergeordnete Rolle, abgesehen vielleicht von einer Abschlussprüfung.
  2. Der Schwerpunkt der Lerninterventionen ist „classroom-based“, aber es gibt erste Interventionen für die Zeit zwischen den Classrooms, z.B. Aufgaben, Reflexionen, Instruktionen, etwas im Alltag auszuprobieren.
  3. Das Programm beinhaltet vielfältige Lerninterventionen, die im Alltag stattfinden, ist aber immer noch an und rund um Classroom-Module aufgebaut. Der inhaltliche rote Faden folgt weiterhin der Logik dieser Module.
  4. Das Programm ist losgelöst von Classroom-Modulen aufgebaut, diese machen auch nur noch den kleineren Teil der gesamten Lernzeit für Teilnehmende aus. Das Lernen ist um die Praxis der Lernenden herum organisiert, es gibt unterschiedliche Lerninterventionen, die im Arbeitsalltag der Lernenden stattfinden.

 

Ein Lernprogramm mit hoher Integration in den Arbeitsalltag sieht erst einmal völlig anders aus als ein traditionelles Seminar und ist damit auch für viele Teilnehmenden gewöhnungsbedürftig. Klassische integrierte Formate orientieren sich zum Beispiel am „coaching on the job“: Die Lernende wird in einem für sie relevanten Moment intern oder extern begleitet, während oder nur nach dem Moment gibt es Feedback und konkrete Tipps für anderes Handeln. Auch Variationen des Experimentierens sind im Ansatz meist gut in den Arbeitsalltag integriert, Lernende probieren neue Handlungsstrategien, unterschiedlich begleitet, in relevanten Momenten aus.

 

Alle Lernformen, die das soziale Umfeld der Lernenden mit einbeziehen, deuten auf hohe Integration hin: Wenn Kollegen Unterstützerrollen übernehmen, Gesprächspartner etwas vom Lernziel des Lernenden erfahren, Managerinnen bewusst eingeladen werden, einen Raum für die Lernende zu schaffen.

 

Individualisierung

Nimmt das Programm allgemeine Theorien als Basis, oder die individuellen Fälle der Teilnehmenden?

 

Je mehr Lernende ihre individuellen Lernfragen und -situationen wiedererkennen, desto einfacher ist es, Erlerntes anzuwenden. Wir sind dieser Grundfrage der Individualisierung einmal bei der Neugestaltung der Ausbildung für Krankenpfleger*innen begegnet.

 

Die traditionelle Ausbildung orientiert sich an klassischen Schulfächern – das sind meist die unterschiedlichen Expertisen der Lehrenden, z.B. Pharmazeutik, Praxis, Mathe, Kommunikation. Diese Themen werden dann als unterschiedliche „Fächer“ gelehrt. Das ist für die Lehrenden einfach, weil sie mit relativ geringem Aufwand immer wieder das Gleiche erzählen können. Der Aufwand, das Gelernte konkret auf die eigene Arbeit anzuwenden, liegt bei der Lernenden.

 

Als wir die Ausbildung neugestalteten, basierten wir sie auf Schlüsselsituationen („Critical Incidents“). Eine Ausbildungseinheit beschäftigt sich dann z.B. mit dem Geben einer Injektion – eine konkrete Handlung, die für die Lernenden sofort aus dem eigenen Alltag wiedererkennbar ist. Die Lehrenden müssen dann ihre unterschiedlichen Expertisen zusammenbringen, so wie diese im konkreten Moment zusammenspielen: Das Gespräch mit der Patientin über die Injektion, der pharmazeutische Check, ggf. die Berechnung der richtigen Menge, das praktische Setzen der Injektion.

 

Wir unterschieden vier Stufen der Individualisierung eines Lernprogramms:

  1. Fast ausschließlich Input-basiertes Lernen, die allgemeinen Themen und Theorien sind Startpunkt und bestimmen die Rhythmik des Programms. Logik der Fächer, unterschiedliche Lehrende, die alle ihre jeweiligen Expertisen „unterrichten“.
  2. Erste explizite Übersetzungen der allgemeinen Themen auf die individuelle Arbeitssituation der Teilnehmenden. Es gibt Raum, individuelle Fälle einzubringen und gemeinsam mit den Lehrenden die Theorie auf diese Fälle anzuwenden.
  3. Allgemeine Theorien / Themen sind gleichberechtigt zu den individuellen Fällen der Tn. Das Programm basiert z.B. auf Schlüsselsituationen, die einen starken Wiedererkennungseffekt haben.
  4. Die  Struktur und Rhythmik des Programms ist anhand von Schlüsselsituationen bzw. den individuellen Fragen oder des individuellen Lernprozesses der Tn aufgebaut. Theorien und Modelle passen sich in ihrer Auswahl und in der Art, wie sie eingebracht werden, den jeweiligen individuellen Fällen / Schlüsselsituationen an.

 

Selbstverantwortung

Wie weit ermöglicht das Programm, dass Teilnehmende die Verantwortung für ihr eigenes Lernen übernehmen und gestalten können?

 

Joseph Kessels, einer unserer Gründer, hat den Satz geprägt: „Man kann nicht schlau sein gegen seinen Willen“. Was sich als erstes nur witzig anhört, hat radikale Konsequenzen: Erzwungenes Lernen funktioniert nur sehr begrenzt. Und trotzdem gibt es immer noch Lernprogramme, zu denen Teilnehmende geschickt werden, werden Lerninhalte angeordnet. Das Vorgeben von Lerninhalten kann manchmal Sinn machen – wenn ich z.B. eine neue Profession erlernen will, aber keine Ahnung habe, was es dazu braucht. Aber dieses Vorgeben findet dann eben im Rahmen von Freiwilligkeit statt, ich habe mich ja entschieden, die neue Profession zu lernen.

 

Das, was funktioniert, ist, wenn Lernende Verantwortung übernehmen für ihr eigenes Lernen. Und genau diese Selbstverantwortung kann ein Programmdesign unterstützen – oder von vornherein ausschließen. Lernende, die sich für ihr Lernen verantwortlich fühlen, haben eine höhere Lernmotivation, sorgen von selbst dafür, dass das Lernen auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist, und wenden das Erlernte mit sehr viel höherer Wahrscheinlichkeit an. Gleichzeitig kann es sein, dass diese Verantwortungsübernahme für die Lernenden in einem Programm extrem ungewöhnlich ist – und dass sie erst noch lernen müssen, wie sie das tun können.

 

Wir unterscheiden vier Stufen der Selbstverantwortung in einem Lernprogramm:

  1. Das Lernprogramm uns seine Inhalte stehen von vornherein fest. Teilnehmende werden geschickt und durchlaufen das vorab festgelegte Programm.
  2. Die Lernenden kommen freiwillig. Gleichzeitig steht das Programm weitestgehend, an vereinzelten Stellen kann Einfluss genommen werden bzw. entscheidet man sich selbst für bestimmte Elemente.
  3. Die Lernenden entscheiden sich bewusst für das Lernprogramm. Es gibt eine feste Struktur mit Inhalten, aber innerhalb der Struktur Auswahlmöglichkeiten für die Teilnehmenden, welche Lerninterventionen sie nutzen wollen.
  4. Die Lernenden entscheiden sich bewusst für das Programm um eine eigene Lernfrage zu bearbeiten. Die angebotene Struktur ist primär darauf gerichtet, Lernende in der Bearbeitung ihrer Lernfrage zu begleiten (Prozessorientierung), Inhalte werden weitestgehend nach Bedarf in den Lernprozess integriert und stehen vorab nur allgemein fest

 

Flow

Bauen die unterschiedlichen Lerninterventionen aufeinander auf und verstärken einander (das Lernprogramm als „Linie“), oder sind es einzelne Momente, die relativ unabhängig voneinander stehen (das Lernprogramm als „Punkte“)?

 

Welches Bild haben wir eigentlich von „Lernen“? – Ein mögliches Bild ist der Lernprozess als Aneinanderreihung von relevanten „Aha-Momenten“. Jeder dieser Momente birgt eine Einsicht, und diese zunehmende Einsicht ist dann das Lernen. Für manche Fälle mag dies stimmen. Doch dieses Bild ist einerseits einschränkend, Lernen ist hier vor allem kognitiv-inhaltlich. Andererseits geht das Bild implizit davon aus, dass Einsicht das Endziel des Lernens ist. Vor allem im Arbeitskontext ist Einsicht aber oft nicht genug – relevant ist das Handeln, von dem man hofft, dass es auf die gewonnene Einsicht folgt. Nur hat leider die Psychologie festgestellt, dass Einsicht nicht zwangsläufig, sondern sogar erschreckend häufig, nicht zu anderem Handeln führt.

 

Ein passenderes Bild für „Lernen“ ist für uns das eines Entwicklungsprozesses, in dem Erfahrungen, Einsichten, Experimente, Üben, Reflexionen alle eine Rolle spielen, aufeinander aufbauen, sich in nicht immer planbarer Art und Weise gegenseitig verstärken.

 

Das Design von Lernprogrammen spiegelt oft implizit das eine oder andere dieser beiden Bilder wider. Unsere Erfahrung zeigt, dass Programme, die als zusammenhängender Prozess entworfen sind, eine höhere Chance auf Handlungsänderungen und damit Lernwirksamkeit haben, als Programme, die aus einzelnen „Punkten“ bestehen.

 

Wir unterscheiden vier Stufen von „Flow“ in einem Lernprogramm:

  1. Das Lernprogramm besteht aus voneinander unabhängigen, einzelnen Lerninterventionen, die sich typischerweise auf jeweils ein inhaltliches Thema richten. Der Hauptfokus der Interventionen ist kognitive Einsicht. Die Reihenfolge der Lerninterventionen ist im Prinzip egal.
  2. Das Lernprogramm besteht immer noch aus einzelnen Lernpunkten, allerdings gibt es kleine Bemühungen, Brücken zwischen den Punkten zu bauen. Die Reihenfolge der Lerninterventionen folgt immer noch keiner expliziten Logik, allerdings werden z.B. Elemente eines Punktes in einem folgenden Punkt wiederholt.  Der Fokus ist immer noch stark kognitiv.
  3. Das Lernprogramm besteht aus stark herausstechende Lernpunkten, aber es gibt eine Logik in der Sequenz (was kommt erst, was danach) und Verbindung zwischen den einzelnen Lernpunkten. Durch diesen Aufbau wird der Fokus ganzheitlicher, auch Üben, Erfahren, Reflexion sind Teil des Lernprogramms.
  4. Das Lernprogramm ist ein Lernprozess. Sichtbar ist vor allem diese Linie, die einzelnen Lerninterventionen sind immer schwieriger abzugrenzen und hängen voneinander ab. Der Fokus und die Methodik sind ganzheitlich, jede Lernintervention baut auf die vorige auf.

 

Schönheit

Wie viel Strahlkraft, Ästhetik und Überraschung hat das Programm, die alle die Motivation und Bereitschaft der Teilnehmenden, in das Lernen einzusteigen, erhöhen?

 

Schönheit wirkt auf den ersten Blick nicht selbstverständlich als Kriterium für effektive Lernprogramme. In unserer Erfahrung allerdings ist Schönheit eine der am meisten verkannten Größen in Lernarchitekturen. Die Essenz der Schönheit von Lernprogrammen liegt darin, dass sie in all ihren Äußerungsformen Attraktivität, Konsistenz und Harmonie ausstrahlen. Schönheit ist ein Beweis von Aufmerksamkeit, die die Anbieter des Lernprogramms den Teilnehmenden schenken und lädt damit zum Commitment ein. Schönheit verführt Lernende dazu, in das Programm zu investieren.

 

Wir unterscheiden vier Stufen der „Schönheit“ eines Lernprogramms:

  1. Es gibt keinerlei erkennbare Bemühungen um Ästhetik, die Äußerungen des Programms wirken zufällig, haben wenig Wiedererkennungswert, nichts deutet auf extra Mühen der Anbieter jenseits des absolut Notwendigen hin.
  2. Die Kommunikation mit den Lernenden zeigt Spuren von Ästhetik, es gibt z.B. ein Logo, Emails sind nicht mehr nur rein funktional, über die Texte ist nachgedacht, Locations sind bewusst gewählt.
  3. Das Programm sieht attraktiv aus. Unterschiedliche Elemente des Programms sind ästhetisch aufeinander abgestimmt, die Kommunikation mit den Lernenden ist bewusst gestaltet. Locations sind einladend. Alles macht Lust auf Lernen.
  4. Ästhetik durchzieht alle Aspekte, es gibt wow-Momente, Überraschungen. Man merkt dem Programm an, dass Schönheit ein bewusstes Design-Kriterium ist.

 

 

Konsistenz

Wie viel interne und externe Konsistenz bietet das Lernprogramm? Wobei interne Konsistenz meint, dass die unterschiedlichen Elemente des Lernprogramms auf einem erkennbaren Set an Designprinzipien basieren, und externe Konsistenz, dass diese Designprinzipien sich an dem Kontext und Zielen orientieren, die für das Lernprogramm gelten (die Formensprache unterstützt den Inhalt).

 

„Form follows function“ gilt auch beim Design von Lernprogrammen. Bei „Konsistenz“ geht es um diesen Aspekt. Dabei ist mit interner Konsistenz gemeint, wie die unterschiedlichen Elemente des Programms „aus einem Guss“ sind, zueinander passen, einer gleichen Philosophie folgen. Interne Konsistenz macht es den Lernenden über Wiedererkennung einfacher, die Funktion unterschiedlicher Lernformen zu verstehen.

 

Externe Konsistenz meint, inwieweit die eingesetzten Methoden und Formen zum (Lern)ziel des Programms passen. Wenn eines der Programmziele in einem Führungskräfteentwicklungsprogramm z.B. Verantwortungsübernahme ist, dass wären Formen extern inkonsistent, die auf eine starke Regulierung des Lernprozesses zielen (denn diese Regulierung ist ja das Gegenteil von Verantwortungsübernahme). Eine 2-stündige Vorlesung zum Thema „interaktive Didaktik“ ist so ebenfalls extern inkonsistent. Externe Konsistenz erhöht die Glaubwürdigkeit der angestrebten Ziele.

 

Wir unterscheiden wir Stufen der Konsistenz von Lernprogrammen:

  1. Es liegen grobe interne und / oder externe Inkonsistenzen vor, über die Formensprache des Programms scheint wenig nachgedacht.
  2. Das Programm ist mehrheitlich inkonsistent, da, wo Ziele und Methoden zusammenpassen, scheint es eher Zufall als Absicht.
  3. Das Programm ist mehrheitlich konsistent, Methoden scheinen bewusst gewählt und passen zueinander.
  4. Das Programm ist fast ausschließlich konsistent, es gibt explizite Design-Prinzipien, an denen sich die unterschiedlichen Methoden orientieren.